Von welchem Markt sollte man gemäß aktueller Nachrichten wohl Abstand halten? Richtig, vom chinesischen Bau- und Immobilienmarkt. Trotzdem habe ich dort jetzt die günstigen Kurse genutzt und in Anhui Conch, eine aus meiner Sicht unterbewertete Value-Aktie investiert.
Steinzeit, Bronzezeit… Die menschlichen Epochen wurden oft nach dem jeweils vorherrschenden Rohstoff benannt. Folglich kommt man danach vielleicht zu dem Schluss, dass wir aktuell im Betonzeitalter leben, denn auf diesem Rohstoff baut die in den letzten 100 Jahren geschaffene Welt des Menschen auf. Einen der wichtigsten Produzenten habe ich mir nun ins Depot gelegt.
Das Unternehmen
Steckbrief
WKN | A0M4WW |
Land | China |
Branche | Bauindustrie |
Dividendenintervall | jährlich |
Kennzahlen – Zielerreichung
Umsatzwachstum | 21 % (Ziel: > 5%) |
Div. Rendite | 4,9 % (Ziel: > 2,5 %) |
Div. Wachstum | 43 % (Ziel: > 7,5 %) |
Div. Quote | 31 % (Ziel: 25-75 %) |
Vor rund 200 Jahren erfinden zwei Engländer durch Mischung von Ton und Kalk den sogenannten Portlandzement. Seitdem ist dieser Grundstoff zusammen mit Weiterentwicklungen wie Stahlbeton die Grundlage für Brücken, Verkehrsinfrastruktur, Gebäude, Staudämme und vieles mehr.
Heute ist gerade im aufstrebenden China Beton und damit auch sein Bestandteil Zement ein stark verbrauchter Rohstoff, denn China stand im Jahr 2020 für über 50 % des weltweit produzierten Zements. Hier wurde innerhalb von 3 Jahren, nämlich 2011-2013 sogar so viel Zement verbraucht wie die Vereinigten Staaten im gesamten 20. Jahrhundert!
Gekauft habe ich mir nun Anteile des größten Zementherstellers in China Anhui Conch oder Conch Cement. Und nein – ich kaufe mir nicht immer die größte chinesische Firma einer Branche (auch wenn der Eindruck nach meinen Käufen von ICBC und Ping An entstehen könnte).
Conch wurde 1997 in China gegründet und wird seitdem in Shanghai (A-Shares) und Hong Kong (H-Shares) gehandelt. Heute beschäftigt das Unternehmen über 47.000 Mitarbeiter weltweit, die meisten davon in China, Myanmar und Indonesien.
Der größte Anteilseigener ist Conch Holdings mit über einem Drittel, hinter der sich die Provinz Anhui und damit die öffentliche Hand verbirgt. Außerdem halten institutionelle Investoren wie BlackRock, Vanguard oder T. Rowe Price ebenfalls Anteile.
Geschäftsmodell
Die gute Marktstellung von Anhui Conch ist insbesondere durch die strategische Verortung der Produktionsstätten vorhanden. Diese sitzen dort wo die benötigten Rohstoffe, nämlich vor allem Kalkstein, Sand und Wasser vorhanden sind wie beispielsweise entlang des Jangtsekiangs.
Die Lage an schiffbaren Gewässern erleichtert nicht nur die Produktion, sondern auch die Distribution des Zements. Beispielsweise ist bei den Standorten am Jangtse durch die Nähe zu Shanghai und Nanjing die Nachfrage in kurzer Entfernung gegeben. Der Weg per Schiff ist der günstigste Transportweg und zur vertikal integrierten Unternehmensgruppe gehört ebenfalls die diverse Infrastruktur wie ein eigener Hafen. Folglich tragen alle vorgenannten Faktoren zu niedrigen Transportkosten bei und vergrößern den Einzugsbereich und Wettbewerbsvorteil.
Sogar einige der bekanntesten Bauprojekte unserer Zeit wurden mit «Conch-Zement» gebaut, so zum Beispiel der Burj Khalifa in Dubai. Auch wenn weltweit exportiert wird ist rund 98 % des Umsatzes in China verortet.
Die Zahlen
Seit seinem Börsengang ist Conch auf Wachstumskurs. Alleine in den letzten 5 Jahren legte der Umsatz jährlich im Schnitt um 21% zu, der Gewinn sogar um 25%.
Was mir neben dem Wachstum am besten gefällt und mich von meinem Kauf in den aktuell turbulenten Zeiten überzeugt hat, war die niedrige Verschuldung. Die Eigenkapital-Quote ist die vergangenen Jahre stetig gestiegen und liegt heute bei >80%. Zusätzlich übersteigt der Cash-Bestand die Schulden, sodass die Nettoverschuldung negativ ausfällt.
Da es – neben meinem persönlichen – ja auch diverse andere Qualitäts-Scores gibt, habe ich nachfolgend mal eine Übersicht der jeweiligen Bewertung von Anhui Conch eingefügt. Ich persönlich nutze diese Bewertungsmodelle, um meine eigene Einschätzung zu plausibilisieren.
DividendenFarm-Score (siehe oben) | 4 von 4 Punkten |
AAQS | 8 von 10 Punkten |
Traderfox-Qualitätscheck | 15 von 15 Punkten |
Dividendenadel | 3 von 4 Punkten |
Darstellung: Scoring-Ergebnisse für Anhui Conch Cement im Vergleich
Die gute Marktpositionierung sowie die hohe Marge und die zuvor dargestellten strukturellen Vorteile bescheren dem Unternehmen ein Rating «A» von der Ratingagentur Fitch. Damit spielt das Unternehmen in einer Liga mit Branchenvertretern wie Caterpillar Inc («A») und steht besser da als der deutsche HeidelbergCement (BBB-).
Die Konkurrenz
Die größten Konkurrenten in China sind China National Building Material (CNBM) und China Ressources Cement, von denen Anhui Conch aktuell die größte Zement-Produktionskapazität besitzt.
Um die Analyse der Zahlen von Anhui Conch etwas greifbarer zu machen, möchte ich einige ausgewählte Kenngrößen mit der Konkurrenz vergleichen. Der Zementmarkt ist durch den entscheidenden Faktor der Transportkosten zunächst regional. In den Vergleich habe ich dennoch das deutsche Schwergewicht HeidelbergCement aufgenommen, da die Aktie hierzulande oft diskutiert und wahrscheinlich auch gekauft wird.
Anhui Conch | Heidelberg Cement | CNBM | |
---|---|---|---|
Marktkapitalisierung | 31 Mrd. € | 13 Mrd. € | 11 Mrd. € |
Zement-Produktion | 217 Mt/yr | 121 Mt/yr | 176 Mt/yr |
KGV (2021e) | 5,9 | 8,1 | 5,6 |
Umsatz-wachstum | 21 % | 8 % | 16 % |
EK-Quote | 80 % | 39 % | 19 % |
Dividendenrendite | 4,9 % | 3,3 % | 5,2 % |
EBIT-Marge (2020) | 26 % | – 7 % | 13 % |
Darstellung: Vergleich ausgewählter Kennzahlen mit der Konkurrenz
Im Vergleich wird deutlich, dass Anhui Conch in zwei Punkten seiner Konkurrenz weit voraus ist: Zum einen in der im vorherigen Kapital erläuterten hohen EK-Quote und zum anderen in der Marge von 26 %, von der die Konkurrenz nur träumen kann. Vergleicht man die Performance von Conch mit HeidelbergCement, so war über die vergangenen 10 Jahre ebenfalls Anhui das bessere Investment. Durch die aktuelle Unterbewertung von Conch, bin ich der Meinung, dass dies auch für die nächsten Jahre gelten wird.
Die Dividende
Die Dividendenhistorie
Die Dividende fällt zunächst auf durch ihr großartiges Dividendenwachstum von durchschnittlich über 40% (5 Jahre) bzw. 28% (10 Jahre). Dass das in den nächsten Jahren so weiter geht ist zwar nicht zu erwarten, dennoch sind hier weiterhin konstante Steigerungen denkbar. Trotzdem verdeutlich die vergleichsweise niedrige Ausschüttungsquote von etwa einem Drittel des Gewinns aus meiner Sicht, dass die Dividende auch in einem schwierigeren Marktumfeld aufrecht erhalten werden könnte.
Darstellung: Dividendenhistorie Anhui Conch Cement und historische Dividendenrendite (Quelle: Aktienfinder.net)
Die Dividendenrendite liegt aktuell bei einer Ausschüttung von 4,9 %, die einmal pro Jahr, nämlich im Juni überwiesen wird. Historisch gesehen muss man für dieses Privileg so wenig zahlen wie noch nie: Aufgrund des jüngsten Kursrückgangs ist die Dividendenrendite aktuell historisch hoch.
Die Quellensteuer
Ich gehe aktuell davon aus, dass bei der Aktie keine Quellensteuer anfängt. Sobald ich meine erste Dividende erhalten habe, ergänze ich den Bereich hier entsprechend. Wenn jemand von euch hier mehr weiß, dann ist eine Rückmeldung über die Kommentare natürlich immer willkommen. 🙂
Zukunftsperspektive und Chancen
Megatrend Urbanisierung und Infrastruktur
Die Nachfrage nach Beton in China ist (noch) ungebrochen. Auch wenn der Immobiliensektor aktuell schwankt, ist die Urbanisierung ein anhaltender Trend, der noch lange anhalten wird. Das aktuell eventuell bestehende Überangebot von Immobilien sollte daher auch nur temporär begrenzt sein. Zusätzlich werden die staatlichen Investitionen in die Infrastruktur unabhängig davon ebenfalls weiterlaufen. Conch als Marktführer hat daher in Zukunft auch weiterhin gute Aussichten auf Wachstum und steigende Gewinne. Als Chance sehe ich die Expansion in weitere aufstrebende Länder, wie Vietnam, Indonesien, Malaysia, etc. von denen es in Asien ja reichlich gibt.
Risiken
Abhängigkeit vom Zyklus der Baubranche
Zunächst ist ein Risiko ziemlich offensichtlich: Conch ist ein Zementhersteller und ist daher von dem Erfolg eines einzelnen Produktes abhängig. Daher wären die Auswirkungen wegen der nicht vorhandenen Diversifikation bei sinkender Nachfrage oder Zementpreise umso größer. Das verstärkt umso mehr, dass es sich bei Conch um einen lupenreinen Zykliker handelt. Die Unsicherheiten rund um den chinesischen Immobilienmarkt sorgen hier aktuell allerdings aus meiner Sicht für eine antizyklische Einstiegsgelegenheit.
Klimaschutz und Umweltauflagen
Klimawandel und CO2: Während wir hierzulande über Elektroautos und Kurzstreckenflüge diskutieren, ist vielen nicht bewusst, dass die Bauindustrie für ein Viertel des weltweiten Co2-Ausstoßes verantwortlich ist, denn der Zementproduktion alleine sind ca. 8% der weltweiten Co2-Emissionen zuzuschreiben. Auch wenn zukünftig möglicherweise vermehrt auf Holz als Baustoff gesetzt wird, bleibt Beton in absehbarer Zeit allerdings der Grundstein unserer Baubranche. China als größter Produzent spielt daher gezwungenermaßen eine führende Rolle bei der Erreichung der Klimaziele durch Co2-neutrale Zementproduktion. Das Resultat sind Auflagen für die Zementindustrie, die für steigende Produktionskosten sorgen. Steigende Preise von Co2-Zertifikaten könnten ebenfalls deutliche Kostensteigerungen auslösen.
Die Reduktion der Co2-Emissionen kann durch Abscheidung und Speicherung des Kohlendioxid erreicht werden. Andere Möglichkeiten sind die Verwendung von Regenerativer Energie oder Alternativen Brennstoffen (Müllverbrennung) oder auch die Beimischung von kohlenstofffreien Klinkerersatzstoffen. Im weltweiten Vergleich ist Conch mit 683 kg CO2/Tonne Zement zwar CO2-intensiver als manche Konkurrenten (HeidelbergCement: 590 kg/to), ist allerdings klimafreundlicher als die chinesischen Mitbewerber. In den meisten Benchmarks, die ich in diesem Zusammenhang angesehen habe, steht Conch sogar besser da als die asiatische Konkurrenz. Das zeigt mir, dass der Prozess schon weit vorangeschritten ist und Conch zukünftig einen Vorteil gegenüber Konkurrenten geben sollte, da die Reduktion der Klimaschädlichkeit in den nächsten Jahrzehnten ein, wenn nicht sogar DER entscheidende Faktor der Branche sein wird. (3)(4)
Im Gegensatz zu anderen Branchen in China ist die staatliche Regulierung hier schon weit vorangeschritten. Gegen kleinere Firmen, welche die Auflagen nicht einhalten geht der Chinesische Staat rigoros vor. Mittelfristig ergibt sich daraus also sogar ein Marktvorteil von Anhui Conch, gegenüber der klimaschädlichen Konkurrenz. (5)
Der Kauf
Gekauft habe ich meine Anteile bereits im Juni als H-Shares, als beste Art im chinesischen Markt aktiv zu werden. Nach tagelangen Versuchen die Aktien an der Hong Kong Stock Exchange zu kaufen habe ich dann aufgegeben. Mein Limit lag zwar über dem Kurs, allerdings hat meine Order nicht ausgelöst – warum auch immer. Ein gutes hatte es trotzdem – Der Kurs in dieser Zeit von 6,00 € auf 5,70 € gefallen und ich konnte dann über Tradegate immerhin 5 % günstiger einsteigen. Der Spread war durch das sehr geringe Volumen allerdings trotzdem mehr als gruselig 🙂
Bottomline / Schluss
Die aktuelle Evergrande-Krise erinnert uns daran, dass unser Finanzsystem nunmal in regelmäßigen Abständen Finanzkrisen auslöst. Das können auch künstlich niedrige Zinsen nicht dauerhaft verhindern. Ich versuche daher mit diesem Kauf und auch zukünftig weiterhin nur fundamental günstige Unternehmen zu kaufen, die mich in schwierigen Zeiten mit Dividenden versorgen und diese in besseren Zeiten steigern können.
Ich weiß, dass Investitionen in China gerade aktuell umstritten und heiß diskutiert sind, daher bin ich besonders gespannt auf euer Feedback.
Auswirkungen auf Portfolio
Der Kauf war für die Diversifikation meines Portfolios sehr wichtig, denn damit erhöhe ich den Anteil des Industrie-Sektors wieder. Hier liegt mein Zielwert bei 5 % Depotanteil, der vor dem Kauf allerdings nur bei 2 % lag.
Land: | mehr Diversifikation |
Branche: | mehr Diversifikation (Industrie) |
Dividendenrendite: | Über meinem Portfoliodurchschnitt |
jährliches Einkommen: | + 62 € |
monatliches Einkommen: | + 5,17 |
Aktuelle Position
Anhui Conch | |
---|---|
Anzahl Aktien | 220,00 |
Investition | 1.044 € |
Wert | 596 € |
Erhaltene Dividenden | 105€ |
Performance | -32,79% |
DISCLAIMER
Keine Anlageempfehlung; Keine Gewähr für die Richtigkeit der dargestellten Informationen. Wie im Artikel geschildert, halte ich selbst Aktien vom beschriebenen Unternehmen. Ausführlicher Disclaimer: Hier
QUELLEN
(1) https://www.welt.de/print/welt_kompakt/kultur/article204180050/Bye-Bye-Beton.html
(2) https://www.fitchratings.com/research/corporate-finance/fitch-affirms-anhui-conch-cement-at-a-outlook-stable-25-05-2021
(3) https://www.franklintempleton.de/content-ftthinks/common-pdf/de/weltweite-innovationen-fordern-klimaneutralen-zement-it.pdf
(4) https://www.dbs.com.sg/treasures/aics/pdfController.page%3Fpdfpath%3D/content/article/pdf/AIO/032021/210316_insights_cn_cement.pdf&ved=2ahUKEwizgufR8pXzAhX6TDABHX6mAJIQFnoECBkQAQ&usg=AOvVaw1SMeuWfjowijFUGb0rnISl
(5) Börse Online, Ausgabe 38, 2021
(6) https://aktienfinder.net/dividenden-profil/Anhui%20Conch%20Cement-Dividende
Hallo und vielen Dank für Deinen Artikel.
Ich bin genau wie du seit einigen Monaten auf Einkaufstour in China. Ebenfalls habe ich im Bereich Cement diesen Monat meine 2 Tranche (von 4 gekauft) aber bei China Resources Cement. Die Aktie ist ebenfalls bärenstark gelaufen, hat bei TF ein Rating von 15/15 und eine Dividendenrendite von > 8%.
Wieso hast du Dich für Anhui entschieden?
Viele Grüße
Martin
Hallo Martin,
danke für dein Feedback! Habe mich für Anhui entschieden aufgrund der geringeren Verschuldung und weil sie ein bisschen günstiger bewertet ist. Wenn schon China und Bauindustrie, dann wollte ich wenigstens die aus meiner Sicht krisenfesteste Aktie kaufen. Beide Aktien haben aus meiner Sicht Vor- und Nachteile, eine Dividendenrendite von 8% ist natürlich auch mehr als nett 🙂
Grüße Nils